Geschichte und Grundlagen

Zur Geschichte

Als getaufte Christen und Glieder der Kirche sehen sich die Mitglieder des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer in der Verantwortung für die Gesellschaft, in der sie leben und arbeiten. Sie engagieren sich in und für ihre Kirche und beteiligen sich am Dialog zwischen Wirtschaft und Kirche. Der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer in Deutschland e. V. (AEU) wurde 1966 auf Initiative des evangelischen Unternehmers Walter Bauer (1901-1968), Mitglied des Freiburger (Bonhoeffer-)Kreises und nach 1949 Mitglied der EKD-Synode, der Kammern für öffentliche Verantwortung und soziale Ordnung sowie ab 1967 Mitglied im Rat der EKD, als institutionelle Plattform gegründet. Der als eingetragener Verein konstituierte Arbeitskreis verfolgt keine wirtschaftlichen Interessen und ist von der verfassten Kirche rechtlich sowie organisatorisch unabhängig.


1966-2016: 50 Jahre Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer

Das Jahr 2016 markiert das 50. Gründungsjubiläum des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer: 1966 gründete Dr. Walter Bauer - in einer gesellschaftlichen und politischen Umbruchsituation - gemeinsam mit 19 weiteren evangelischen Unternehmerpersönlichkeiten in Frankfurt am Main den Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer.

Dr. Walter Bauer, 1901 in Heilbronn geboren und in einer im Pietismus verwurzelten Familie aufgewachsen, war "ein von Max Weber geprägter, liberaler Demokrat und Unternehmer aus Leidenschaft" (Theodor Eschenburg zum 60. Geburtstag von Dr. Walter Bauer). Er war aktives Mitglied der Bekennenden Kirche und arbeitete als einziger Unternehmer gemeinsam mit Hochschullehrern und Theologen an der für die Entwicklung der Sozialen Marktwirtschaft belangreichen Denkschrift des Freiburger Bonhoeffer-Kreises mit. Nach dem Krieg übernahm der erfolgreiche Textilunternehmer zahlreiche unternehmerische Mandate und engagierte sich insbesondere in den Leitungsgremien der Evangelischen Kirche in Deutschland - seit 1949 Synode, Kammern für öffentliche Verantwortung und soziale Ordnung, ab 1967 im Rat. (Eine kompakte biographische Skizze mit einer Würdigung des evangelischen Unternehmers bietet die biographische Widerstands-Predigt von Pastor Professor Thomas Vogel über Psalm 119 im Sommer 2019; drei Reden von Dr. Walter Bauer am Vorabend des 20. Juli 1955, 1956 und 1960 dokumentiert die Stiftung 20. Juli 1944.)

Die Aufforderung "Was die Kirche nicht selbst zur Wirtschaftsordnung zu sagen berufen ist, hat sie den christlichen Laien zu überlassen." im Anhang 4 (I. Kirchliche Grundlegung) zur Denkschrift des Freiburger Bonhoeffer-Kreises war 1966 und ist bis heute Motivation für ein Engagement in und für unseren Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer. (Den für die Entwicklung der Sozialen Marktwirtschaft belangreichen "Anhang 4: Wirtschafts- und Sozialordnung" dokumentieren wir auf unserer Seite Denkschrift des Freiburger Bonhoeffer-Kreises als HTML-Text sowie die Originalseiten des Typoskripts aus dem Besitz von Professor Dr. Adolf Lampe.)


Freiburger Bonhoeffer-Kreis und Denkschrift

Nicht nur das ordnungspolitische Konzept, sondern auch und gerade die ethische Fundierung der Sozialen Marktwirtschaft haben ihren Ursprung und ihre christlichen Grundlagen im von Dietrich Bonhoeffer inspirierten sowie von Freiburger Wissenschaftlern und Mitgliedern der Bekennenden Kirche getragenen Freiburger Bonhoeffer-Kreis. Denn als Reaktion auf den die christlichen Werte verachtenden faschistischen Totalitarismus erarbeiteten diese evangelischen Wissenschaftler und Praktiker im Auftrag der Bekennenden Kirche 1942/43 konspirativ die Denkschrift "Politische Gemeinschaftsordnung - Ein Versuch zur Selbstbesinnung des christlichen Gewissens in den politischen Nöten unserer Zeit". In ihrer Vision für eine "Wirtschafts- und Sozialordnung" (Anhang 4) der Nachkriegszeit schrieben die Nationalökonomen Constantin von Dietze, Walter Eucken und Adolf Lampe:

"… Worauf es uns ankommen muß, ist: eine Wirtschaftsordnung vorzuschlagen, die - neben ihren sachlichen Zweckmäßigkeiten - den denkbar stärksten Wirkungsgrad gegen die Macht der Sünde ermöglicht, in der die Kirche Raum für ihre eigentlichen Aufgaben behält und es den Wirtschaftenden nicht unmöglich gemacht oder systematisch erschwert wird, ein Leben evangelischer Christen zu führen … Eine auf weiteres Vorantreiben zentraler Leitung gerichtete und damit auf Vollendung des Kollektivismus hinauslaufende Wirtschaftspolitik ist abzulehnen; denn sie würde weder die bevorstehenden wirtschaftlichen Aufgaben meistern, noch den sittlichen Anforderungen entsprechen … Die zu verwirklichenden Ordnungsgrundsätze sollen den auf Leistung, daher auf Dienst an der Gesamtwirtschaft berufenen Wettbewerb zur Geltung bringen … In allen dafür geeigneten Wirtschaftsbereichen sollen diese Grundsätze sich 'automatisch' auswirken, soll also die Ordnung auf Selbstverantwortlichkeit der Einzelwirtschaften beruhen, sollen Markt- und Preisfreiheit herrschen …".

Zu den Mitgliedern des Freiburger Bonhoeffer-Kreises gehörte der Textilunternehmer Walter Bauer (1901-1968), der 1966 zusammen mit anderen evangelischen Unternehmern, darunter auch Conrad Max Gisbert Kley (1904-2001), den Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer gegründet hat. Deshalb fühlen wir uns bei unserer Arbeit der Wahrung gerade dieser gedanklichen Tradition besonders verpflichtet und verbunden.

  • Den für die Entwicklung der Sozialen Marktwirtschaft belangreichen "Anhang 4: Wirtschafts- und Sozialordnung" dokumentieren wir auf unserer Seite Denkschrift des Freiburger Bonhoeffer-Kreises als HTML-Text sowie die Originalseiten des Typoskripts aus dem Besitz von Professor Dr. Adolf Lampe.
     
  • Zu den Wurzeln des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer im Freiburger Bonhoeffer-Kreis bzw. zum evangelischen Unternehmer Dr. Walter Bauer vgl. die Publikation "70 Jahre Denkschrift des Freiburger Bonhoeffer-Kreises" (2015, 80 Seiten, broschiert).
     
  • Zu den christlichen Grundlagen und der ethischen Fundierung der Sozialen Marktwirtschaft in der Denkschrift des Freiburger Bonhoeffer-Kreises vgl. den Beitrag "'Zwischen Gewissen und Gewinn': Die 'Freiburger Denkschrift' und ihre christliche Begründung einer Sozial- und Wirtschaftsethik" von Professor Dr. Stephan Holthaus in der Zeitschrift für Marktwirtschaft und Ethik, Ausgabe 1/2016, S. 28-42.
     
  • Zu den christlichen Wurzeln des Ordoliberalismus von Walter Eucken siehe den Beitrag "Glaube und Wirtschaft - Zur normativen Bedeutung des Ordo-Begriffes bei Walter Eucken" von PD Dr. Giuseppe Franco in "Journal for Markets and Ethics/Zeitschrift für Marktwirtschaft und Ethik" 5/2017.
     
  • Zum Hintergrund und der Wirkung des Freiburger Kreises vgl. den Beitrag "Liberale Ökonomen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus" von Dr. Philip Plickert in der Ausgabe 121 der "Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik" 3/2009, dort Seiten 41 bis 50.
     
  • Zu der fortbestehenden wirtschafts- und sozialpolitischen Bedeutung des Anhangs 4 "Wirtschafts- und Sozialordnung" der Denkschrift des Freiburger Bonhoeffer-Kreises siehe den Beitrag "Gerechtigkeit schaffen - stabile Gerechtigkeit" von Hans-Jörg Naumer in "Christsein heute" Ausgabe 09/2018, Seite 10f.